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Wen rufe ich denn jetzt, wenn mein Pferd nicht so ganz rund läuft?
von Tonja Lea Schreiber 12 März, 2024
„Für meine Stute kommt ja immer die Physio und behandelt die ganz toll.“ „Echt? Also ich hab für meinen Wallach ja eine Osteo, auf die kann ich wirklich zählen, wenn er mal wieder nicht so richtig fluffig läuft.“ Hast du dich schon mal gefragt, worin eigentlich der Unterschied zwischen der Physiotherapie und der Osteopathie besteht? Sie beschäftigen sich ja schließlich beide mit Blockaden und dem Körper. Oder so ähnlich. Früher habe ich gerne ganz plakativ erklärt: Wenn du Schmerzen im Knie hast und bekommst Physiotherapie verschrieben, dann wird sich dein Therapeut mit deinem Knie beschäftigen, d.h. Stärkung der umliegenden Strukturen, ggf. manuelle Therapie oder vielleicht sogar Wärme- / Kälteanwendungen oder Ultraschalltherapie. Wenn du mit Schmerzen im Knie zum Osteopathen gehst, guckt der sich direkt deinen ganzen Körper an, behandelt dich vielleicht kurz am Kopf und am Kreuzdarmbeingelenk und sagt, jetzt sei alles wieder richtig und die Schmerzen im Knie sollten von alleine verschwinden. Er hat nämlich den Körper ganzheitlich betrachtet und festgestellt, dass, da ja alles über Faszien miteinander verbunden ist, Bewegungseinschränkungen in den Schädelplatten und eine Blockade im ISG zu Verspannungen, Fehlhaltungen und in Folge dessen zu den Schmerzen im Knie geführt haben. Heute würde ich jedoch keine ganz so einfache, über den Kamm geschorene, Unterscheidung mehr treffen wollen. Denn Fakt ist, beide Therapieformen haben als Ziel, Funktionsstörungen im Körper zu beseitigen und damit volle Belastbarkeit und Leistung des Körpers wiederherzustellen. Und viele Therapeutinnen und Therapeuten sind heute vielschichtig ausgebildet und bedienen sich einer Menge unterschiedlicher Therapieansätze, um für ihr Patienten und Patientinnen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Für mich in meiner Arbeit bleibt jedoch folgender Hintergedanke: Als Osteopathin spüre ich sowohl auf physischer als auch energetischer Ebene in Funktionsstörungen, Blockaden und Bewegungseinschränkungen hinein (je nach Ausbildung weitet sich das dann auch noch auf Nervenbahnen, Organe, Meridiane etc. aus). Dann helfe ich mit manuellen oder auch energetischen Techniken, vielleicht auch mit zusätzlicher Akupunktur, dem Körper wieder seine Mitte zu finden und gebe ihm die Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand. Ich löse ganz sanft Verspannungen oder Blockaden und begleite das Pferd dabei, wieder ein Gefühl für die entsprechende Region zu bekommen. Denn die Energie folgt der Aufmerksamkeit – einer der (!) Leitsprüche der Osteopathie. Und wenn sich die Aufmerksamkeit auf eine Region konzentriert, können dort vom Körper und Nervensystem selbst wieder Veränderungen vorgenommen werden, die letztendlich die Störungen vermeiden. Heißt im Klartext: Ich muss Blockaden nicht mit Kraft „wegmanipulieren“ / knacken / hebeln, sondern ich kann über minimale Impulse im Gewebe dafür sorgen, dass sich das Gewebe entspannt, neu sortiert und wieder in eine neutrale Spannung kommt, wodurch sich die Blockade in den nächsten Tagen auflöst. Sieht erstmal unspektakulär aus, ist aber äußerst effektiv, da ich so ohne Verschleiß arbeiten kann, und das Pferd selten mit einer Abwehrspannung reagiert, die dann noch größeren Kraftaufwand nötig machen würde und höchstwahrscheinlich auch sehr kontraproduktiv wirken würde. Im nächsten Schritt, und das zählt für mich unter Physiotherapie, leite ich Pferd und Mensch zu gesunderhaltendem Training an, individuell zugeschnitten auf den Bedarf, den mir der Körper des Pferdes in der Behandlung signalisiert hat. Und so greifen Osteopathie und Physiotherapie ganz wunderbar ineinander. #pferdeosteopathie #pferdephysiotherapie #pferdetherapie #werheilthatrecht #osteopathischestraining #osteopathischerberitt #tlspferde
von Tonja Lea Schreiber 05 Sept., 2023
Nun, fangen wir mal an mit der Frage, was denn 'teuer' bedeutet. Laut Duden sind Synonyme: 'einen hohen Preis habend', 'viel Geld kostend', 'mit hohen Koste verbunden'. Das ist auch erstmal richtig. Meine Berittpreise sind mit Ausgaben für den/die Pferdebesitzer*in verbunden. Doch das Gegenteil, nämlich 'billig', das heißt von minderwertiger Qualität, soll es ja auch nicht sein. Wer mir sein Pferd für 3 Monate oder länger anvertraut, der möchte ja auch, dass ich Zeit, Qualität und Fachwissen, geschweige denn gute Laune und Spaß an der Sache, in die Arbeit mit eben diesem Pferd hineinstecke. Und da fängt nämlich das nächste Thema an: Im Vorfeld habe ich einiges an Geld in gute Ausbildungen investiert. Damit ich meine Arbeit stressfrei und mit Spaß erledigen kann, brauche ich die finanzielle Sicherheit, dass ich von meinem Job leben kann und am Ende des Monats kein Minus mache, ohne dass ich sieben Tage die Woche 14 Stunden arbeiten muss. Da ich soloselbstständig bin, bin ich für sämtliche Lohnnebenkosten, die normalerweise der Arbeitgeber zahlt, selbst verantwortlich. Das heißt, auch Altersvorsorge, Krankenversicherung, berufsbezogene Versicherungen müssen alle von den Einnahmen gezahlt werden. Und natürlich gehen auch erstmal 19% Umsatzsteuer direkt am Anfang an das Finanzamt, da ich diesen Beruf im Hauptgewerbe ausübe. Kommen wir zum alltäglichen Geschehen im Beritt: Ich bereite das Pferd auf die Arbeit vor, das heißt, ich putze es, gehe in Kontakt mit ihm, statte es mit dem entsprechenden Equipment aus, wärme es auf, und mache eine Bestandsaufnahme. Vielleicht habe ich auch vorher noch z.B. Stangen aufgebaut o.Ä.. Dann kommt eine Arbeitsphase, in der ich dem Pferd Kompetenzen vermittele, den Körper trainiere, der Psyche Herausforderungen und Lösungsansätze anbiete. Eventuell habe ich auf meine Ausbildungen zurückgegriffen und im Training sichtbar werdende Blockaden gelöst, kinesiologische Tapes angelegt oder energetische Körperarbeit in die gemeinsame Arbeitszeit mit einfließen lassen. Nach Abschluss der Arbeits- und Abwärmphase räume ich hinter mir und dem Trainingspferd auf, bringe es zum Stall oder auf die Wiese, räume das Equipment weg etc., bis sich das Ganze mit dem nächsten Pferd wiederholt. Wenn es 'gut' läuft, habe ich für alles vielleicht eine Stunde gebraucht. An manchen Tagen länger, an anderen vielleicht kürzer. Gehen wir im Schnitt mal von einer Stunde aus. Die investiere ich täglich selbst ins Pferd, fünf Tage die Woche, die Arbeit gebe ich nicht ab an andere. Für diese Arbeit nehme ich 550€ (Stand September 2023) im Monat. Ziehen wir davon direkt die 19% Umsatzsteuer ab, sind wir bei 462,18€. Die verteile ich jetzt auf die durchschnittlich 21 Arbeitstage im Monat und lande bei 22€ pro Tag, die der/die Pferdebesitzer*in in die Arbeit in mich mit dem Pferd investiert. Davon habe ich noch keine laufenden Kosten beglichen, noch keine Altersvorsorge und Krankenversicherung gezahlt, noch kein Essen gekauft, Miete gezahlt und auch noch keine Einkommenssteuer gezahlt. Zusätzlich dazu ist der Job des Bereitens ein durchaus nicht ungefährlicher Job. Viele Pferde kommen ja gerade zu mir, weil sie nicht mehr händelbar sind, weil es scheinbar unüberwindbare Traumata gibt, oder weil sie noch nichts gelernt haben. Ich begebe mich theoretisch tagtäglich in Gefahr. Und mache es für das am Ende doch nicht so teure Geld, weil: es ungeheuer viel Spaß macht, helfen zu können, sowohl den Pferden als auch den Menschen. es toll ist, so viel Vertrauen entgegengebracht zu bekommen, dass man sich für diese lange Zeit um das Pferd kümmern darf. das Strahlen in den Augen der Menschen, die Wissen und Verständnis durch meine Arbeit bekommen und wieder einen Zugang zu ihrem Pferd gefunden haben, so viel wert ist. es so schön ist, das Selbstbewusstsein und die Ruhe und Zufriedenheit eines Pferdes erleben zu dürfen, das durch meine Arbeit wieder mental und physisch in Balance ist.
von Tonja Lea Schreiber 05 Apr., 2023
Wenn man sich schon dazu entschieden hat, sein Pferd in Beritt zu geben, dann stellt sich natürlich die Frage, wie lange. Schließlich heißt das nicht nur, von seinem Liebling getrennt zu sein, sondern auch, dass die monatlichen Kosten plötzlich viel höher ausfallen. Ich antworte auf diese Frage eigentlich immer mit: Kommt ganz darauf an... Und das wollen leider nicht alle hören. Mein Training basiert auf den physischen und psychischen Gegebenheiten, die das Pferd (und auch der Zweibeiner) mitbringt. In meinem Training gibt es keine Abkürzung, da alleine Strukturen wie Muskeln, Sehnen und Bänder schon ihre Zeit brauchen, vom geistigen Verstehen mal ganz abgesehen. Hinzu kommt, dass in dem Bereich, in dem ich arbeite, nämlich mit Freizeitpartnern, die Menschen meist nur ein Pferd haben, das dann auch bitte möglichst lange gesund und reitbar sein soll, da es eben nicht ersetzbar ist. Das heißt nun für mich, dass ich am Anfang eine Bestandsaufnahme machen muss: Wie viel Muskulatur bringt das Pferd mit? Wie gut ist der Rumpftrageapparat ausgebildet? Wie sieht es mit der Stabilität von Faszien, Sehnen und Bändern aus? Und ganz wichtig: Was ist der Berittauftrag? Muskeln können innerhalb von 6-9 Wochen wunderbar heranreifen, Sehnen, Faszien und Bänder brauchen allerdings bis zu 2 Jahre, um vollständig stabil zu werden (und das auch nur bei angepasstem Training). Wenn ich also ein Jungpferd zum Anreiten bekomme, das noch nichts getan hat außer auf der Wiese zu stehen, werde ich die ersten Wochen, nicht Tage, damit zubringen, nicht nur Muskulatur aufzubauen, sondern mit ganz viel Schritttraining die anderen Strukturen anzutrainieren. Das sieht oft unspektakulär aus. Der Verschleiß des Körpers ist hierbei allerdings auch unspektakulär und das ist gut so. Dann ist jeder Körper anders, jede Pferderasse auf unterschiedliche Belastungen ausgelegt. Ich behandle jedes Pferd so, dass es dem Besitzer möglichst lange erhalten bleiben wird. Wenn wir dadurch mit „Lektionen“ nicht ganz so weit kommen, das Pferd dabei aber körperlich und geistig nicht überfordert wurde und so die Motivation behalten konnte, haben wir allerdings alles richtig gemacht. Manche können vielleicht nach 3 Monaten wunderbar alle Grundgangarten, waren im Gelände, sind körperlich gut aufgestellt und super rittig, können schon ganze Hinterhandwendungen, Seitwärtsgänge und sind super weich an der Hand. Andere brauchen alleine 2 Monate, bis der Rücken überhaupt im Ansatz soweit ist, dass man über minutenweise Belastung nachdenken kann. Bekomme ich ein „Problempferd“ zur Korrektur, wird es noch schwieriger zu sagen, wie lange es dauern wird. Meist liegt nicht nur ein psychisches Problem zugrunde, sondern das Verhalten begründet sich auch auf körperlichen Problemen oder Schwierigkeiten. Das Pferd hat bis zu diesem Zeitpunkt vielleicht Schmerzen ertragen, kompensatorische Fehlhaltungen eingenommen und Bewegungs- sowie Verhaltensmuster gelernt, die nun langsam umprogrammiert werden müssen. Wer schon einmal versucht hat, etwas bereits Gelerntes umzulernen, weiß, wie schwierig das ist und wie viele Wiederholungen man braucht, bis es klappt. Ob es dann aber noch unter Stress klappt, ist eine andere Frage. Also stelle ich dieses Pferd langsam um, und auch hier brauchen Muskulatur, Sehnen, Bänder und Faszien ihre Zeit, bis sie sich an die neuen Anforderungen gewöhnt haben. Übrigens: Kennt ihr die Regenerationszeiten der verschiedenen Strukturen? Auch die beziehe ich in mein Training ein und schaue, dass ich den Pferdekörper so bestmöglich im Aufbau unterstütze. Keiner von uns steckt drin und keiner von uns kann es vorhersehen. Die Hauptsache ist, dass wir dem Pferd gegenüber fair bleiben, ihm die Zeit geben, die es braucht, damit wir bzw. ihr am Ende noch viel gemeinsame gesunde Zeit mit euren Lieblingen habt. Und glaubt mir, die Kosten für Sehnenschäden etc. lassen sich da ganz gut gegenrechnen. Von daher gehe ich in der Regel von mindestens 3 Monaten Beritt aus mit der Option auf Verlängerung. Und selbstverständlich möchte ich die Zweibeiner so schnell es geht mit ins Boot holen. Denn am Ende sollt ihr miteinander zurecht kommen und lange glücklich und gesund Zeit verbringen können und in einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist. #osteopathischerberitt #osteopathischestraining #tlspferde #jungferdeausbildung #horsemanship #fairzumpferd #pferdetraining #worththetime #menssanaincorporesano Foto: Anna Luong Van
von Tonja Lea Schreiber 05 Apr., 2023
'Und, was hast du heute gemacht?' Diese Frage bekomme ich häufiger von KundInnen gestellt, deren Pferde bei mir im Training sind. 'Ich war mit XYZ spazieren. ' 'Aha, okay...' Manch eine*r mag jetzt denken 'Und dafür nimmt sie so viel Geld? Die soll doch mein Pferd vernünftig anreiten / korrigieren / etc. und nicht spazieren gehen...' Was macht aber das Spazieren im Gelände mit dem Pferd und wieso ist es ein so wichtiger Bestandteil meines Trainings? Pferde sind Fluchttiere, daher ist es für sie überlebenswichtig, ihre Balance zu bewahren, um nicht aus dem Tritt zu kommen und so eventuell leichte Beute zu werden. Wenn sie einen Menschen auf ihrem Rücken tragen, geraten sie aber häufig erstmal aus der Balance, denn wir Menschen sind häufig nicht die idealen Reiter, selbst in die eine oder andere Richtung schief und haben unseren Körper auch nicht immer hundertprozentig unter Kontrolle. Das kann bei dem Pferd dazu führen, dass es sich aus der Balance gebracht fühlt und damit unsicher wird. Je nach Pferdetyp äußert sich diese Unsicherheit oder Unwohlsein in Verlangsamung der Bewegung ('Der ist faul, den musst du mal ordentlich vorwärts treiben.'), Fluchtinstinkt ('Der rennt unterm Reiter so weg, mach mal ein schärferes Gebiss drauf.') oder gar in den Versuch, den Auslöser der Dysbalance loszuwerden ('Der bockt / steigt, sobald man reiten will, da muss mal jemand drauf, der ihm zeigt, wo es lang geht.') Die heutige Pferdehaltung versucht häufig ihr möglichstes, eine irgendwie artgerechte Haltung zu ermöglichen. Und doch ist sie meilenweit von der Lebensart eines Steppentieres entfernt. Ja, auch viele Offenställe gehören dazu. Die Böden sind befestigt, die Reitplätze und Hallen sind eben und schön abgezogen und die Untergründe in den Ausläufen immer die gleichen. An die 50km am Tag im Schritt über täglich wechselnde Gebiete kommen wir einfach nicht heran. Also woher soll unser Pony denn die Trittsicherheit bekommen, die ihm so helfen würde, uns besser auszuhalten und auszubalancieren? Richtig erahnt: durch Spaziergänge im Gelände, gerne auch mal querfeldein, wenn's erlaubt ist, bergauf und bergab, vielleicht mit rutschigem Untergrund, zu überwindenen Baumstämmen und mit allem, was das Gelände eben so hergibt. Ganz nebenbei passiert dabei noch etwas Schönes: Die Beziehung zwischen Zwei- und Vierbeinern wird gefestigt, das gemeinsame Überwinden von Hindernissen und das Meistern von Herausforderungen stärkt das Selbstbewusstsein und gibt Mut, neue Aufgaben anzugehen. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die Auswirkungen auf den Bewegungsapparat: durch die unterschiedlichen Anforderungen durch das Gelände werden unterschiedliche Strukturen gefordert und gefördert, das Pferd muss sich nur auf seinen Körper konzentrieren und kann lernen, den zu seinem Vorteil selbst zu managen (form follows function!). Und natürlich sind auch die Seele baumeln, den Kopf frei pusten und die Augen in die Ferne schweifen lassen und die Natur genießen können statt immer nur die Runden in der Halle oder auf dem Reitplatz zu drehen, nicht zu unterschätzende Pluspunkte in der Ausbildung. Kurzum, ja, ich gehe mit Pferden spazieren und ich lasse mir das bezahlen, weil der Effekt, den ich damit erziele, für das Pferd unbezahlbar ist. P.S.: Auch hier gilt natürlich: Die Spaziergänge sind in Länge und Schwierigkeitsgraden an den aktuellen physischen und psychischen Stand des Vierbeiners anzupassen, langsam zu steigern und mit entsprechender Vorsicht zu gestalten. Und das Allerwichtigste: Der Spaß daran darf niemals verlorengehen!
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